Gesondert zu servieren

Gesondert zu servieren

Als ich gegen 07.30 Uhr das Backhaus betrat, steckte das Thermometer bereits im Ofen. Es zeigte 450°C an. Viel zu viel mal wieder. Um 02.00 Uhr in der Nacht hatte ich zum letzten Mal Holz nachgelegt. So, wie die Temperatur jetzt aussah, hätte ich mir das aber auch sparen können. 270°C brauchten wir.

Der große Vorteil an diesem 23. November 2018, wir hatten noch 3 ½ Stunden Zeit, bis wir die Brote in die Röhre schieben wollten. Das konnte womöglich reichen, den Ofen auf die passende Temperatur abkühlen zu lassen.

Ohne mich groß aufzuhalten, zog ich erst einmal die wenige Restglut heraus. Den Schieber im Abzug und die Tür des Backofens ließ ich gleich offen, um kühle Luft heran zu lassen. Bei etwa 40°C in der Backstube muss man den Ausdruck „kühl“ natürlich etwas relativ bewerten. Mir war es warm genug.

Um 09.00 Uhr wollte Haiko Jakob, der früh dienstlich noch etwas zu besorgen hatte, ins Backhaus kommen, damit wir dann, wie immer, gemeinsam mit unserem Vorhaben fortfahren konnten. Bis dahin, nahm ich mir vor, im Backhaus schon mal ein bisschen aufzuräumen. Und meinen Staubsauger von zu Hause zu holen, den wir im Zweifelsfall als Kühlventilator für den Backofen benutzen könnten.

Ganz pünktlich kam Haiko schließlich doch nicht. Es war kurz vor 10.00 Uhr. Seine Amtshandlungen hatten sich verzögert, weil seine Frau Simone am frühen Morgen von einem bösen Infekt zu Boden geworfen worden war.

Die Ofentemperatur hatte inzwischen die 300° Grenze unterschritten, so dass wir gleich aufbrachen, um unsere Brote aus der Bäckerei der Lebensgemeinschaft zu holen. Die waren schon professionell in die Formen verpackt und aufgegangen. Bäcker Heiko Lenker machte uns darauf aufmerksam, dass sie bereits einen idealen Zustand erreicht hatten, um gleich in die Röhre geschoben zu werden. Grund genug, dass wir mit Hilfe der Ventilation unseren Ofen binnen kürzester Frist auf die Idealtemperatur herunter kühlten. Nur wenige Minuten später lachten uns unsere Brote aus seinem Inneren entgegen. Mit diesem nahezu perfekten Timing war der Erfolg vorprogrammiert. Nach einer reichlichen Stunde lagen tadellos gebräunte und fabelhaft lecker duftende Laibe im Regal.

Bei weitem nicht so leicht war es allerdings, für Freitagnachmittag ausreichend Frauen zu mobilisieren, die sich am Belegen der Brote für die am Abend geplante Feier beteiligen wollten. So beließen wir es eben dabei, die Brote einfach aufzuschneiden und den Belag gesondert mit auf den Tischen zu servieren.

Die Party selbst fand ja aus Anlass des 5-jährigen Jubiläums unseres neuen Backhauses statt. Schon aus diesem Grunde gehörte frisch gebackenes Brot sozusagen zwingend dazu. Es war allerdings nicht nur an Essen und Trinken gedacht. Zwei Diavorträge von Haiko zeigten zum einen wundervolle Motive unserer reizvollen Heimat und zum zweiten die Entstehung unseres Backhauses. Mit sehr großem Interesse wurde allerdings auch der 2. Teil von Uli Knopfs Vortrag über die Entwicklung unserer Flurgrenzen über die Jahrhunderte erwartet. Sehr liebevoll und dekorativ hatten Sylvi Harbich und Jessica Jakob die Tische hergerichtet, an denen es sich die über 50 Teilnehmer gemütlich machten.

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Nach dem 1 ½ stündigen Vorprogramm kam schließlich das Essen auf den Tisch. Die Lösung, dass sich jeder seine Brote schmieren konnte, wie er wollte, bewährte sich recht gut. So war, wie man so schön sagt, aus der Not eine Tugend geworden.

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Gut sichtbar, aber noch im Hintergrund, stand startbereit schon die Anlage von DJ Splitt van Streugut bereit. Unmittelbar nach dem Abendbrot begab dieser sich zu seinem Mischpult und begann das Volk schon mal mit leiser Backgroundmusic auf sich einzustimmen. Nach einer kurzen Aklimatisierungsphase steigerte er dann aber die Lautstärke, womit er unverkennbar die Anwesenden aufforderte, nun das Tanzbein zu schwingen. Was gäbe es besseres, um gerade angefutterte Kalorien wieder abzustrampeln.

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Wie schon seit eh und je dauerte es aber doch eine Weile, bis sich dann die Leiber im Blitzgewitter der Lampen wiegend und zuckend über die Tanzfläche bewegten. Leicht verschwommen im Rauch der Nebelmaschine. Von Ekstase gepackt, sanken welche auf die Knie, um mit den Händen auf den Boden zu trommeln. Zu dem Lied „We will, we will rock you“ von Queen taten wir das schon vor unzähligen Jahren.

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Es ist doch wirklich schön zu sehen, wie solch wunderbare alte Traditionen über Jahrzehnte hin gepflegt werden. So steigerte sich die Stimmung immer mehr, bis schließlich feststand – man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Mitternacht war überschritten, als langsam der Rückzug der Massen einsetzte. Der harte Kern hielt noch eine knappe Stunde am Tresen durch.

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Dann trat endgültig Ruhe ein. Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, nach Beendigung der Feierlichkeiten ein kleines Übergangsfeuerchen in unserem Backofen zu schüren, denn am mittlerweile eingeläuteten Samstag, dem 24. November, sollte weiter gebacken werden. Mit etwas veränderter Personalbesetzung allerdings.

Als ich mich gegen 07.30 Uhr mit Haiko im Backhaus traf, war Dr. Ludwig Patzer, begleitet von Sohn Johann Friedrich, bereits unterwegs nach Saalfeld, wo sie in der Bäckerei Wagner Brot- und Stollenteig abholen wollten. Mein Feuerchen war inzwischen abgebrannt und die Temperatur des Ofens lag bei fast idealen knapp 300°C. Die Glut herausziehen und die Röhre schon mal offen stehen lassen, war im Prinzip alles, was wir tun konnten, ehe Vater und Sohn Patzer mit dem Teig am Backhaus ankamen. Planmäßig widmeten wir uns vorerst unseren Broten. Früher war es immer meine Aufgabe gewesen, die Portionen abzuwiegen. Diesmal kam mir allerdings der Gedanke, dass die Jugend uns Alte irgendwann einmal ablösen muss und überließ Herrn Patzer jun. den Platz an der Waage.

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Dieser stellte sich auf dem Posten nicht ungeschickt an und so ließ ich ihn gewähren und beschränkte meine Aktivitäten auf das Tragen der Verantwortung. Alle übrigen Arbeitsschritte verrichteten wir wie üblich und wurden am Ende dafür mit den herrlichsten Broten belohnt, die man sich denken kann.

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Während die Brote in der Backröhre lagen, widmeten wir uns unserem Stollenteig. In weiser Voraussicht hatten wir uns kleine Backbleche anfertigen lassen, die, mit Backpapier belegt, ein Anbacken der Stollen verhindern sollten.

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Dieses Konzept, soviel kann man heute behaupten, ging ganz wunderbar auf.

Derweil wir in der Backstube schwitzten, traten auf dem Vorplatz 2 ganz wichtige Männer auf den Plan. Reiner Rosenbusch und Michael Harbich schickten sich an, den am Vortage noch aufgestellten Weihnachtsbaum mit den unverzichtbaren Lichterketten zu versehen. Kaum hatten sie das Terrain betreten, begann es auch schon zu regnen.

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Bis zu diesem Zeitpunkt war es wohl kalt, aber doch immerhin trocken gewesen. Doch irgendwie scheint ein Fluch auf Reiner und Michel zu liegen, dass es ihnen nicht gelingen soll, ihr Werk trockenen Fußes zu vollenden. Ich kann mich nicht erinnern, dass die beiden ihre verantwortungsvolle Arbeit schon mal bei halbwegs schönem Wetter hätten ausführen können. Später ließ der Regen zwar wieder nach, aber vorher waren sie, wie unvermeidlich, erst einmal klitschnass geworden. Auf Grund veränderter Arbeitsbedingungen werden unsere Weihnachtsbäume in Zukunft nicht mehr ganz so groß ausfallen können, wie in vergangenen Jahren.

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Den beiden Schmückern gebührt aber auf jeden Fall ein Sonderlob der Redaktion für das, was sie da bisher geleistet haben und wohl auch noch leisten werden. Das Ergebnis ihrer Mühen konnte man bislang immer nur als großartig bezeichnen. So ist es auch dieses Jahr wieder.

Das Ergebnis unserer Mühen in der Backstube konnte sich indes durchaus auch sehen lassen. Einige unserer Stollen waren in der Färbung wohl eine kleine Idee zu dunkel geraten. Aber die totale Perfektion ist ja selbst von ausgepufften Profis nicht immer zu erreichen.

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Um die Allgemeinheit an unserem Erfolg teilhaben zu lassen, war beschlossen, Brote und Stollen in den frühen Abendstunden an unsere Bevölkerung zu veräußern. Das verantwortungsvolle Amt des Verkäufers hatte Marc Munzert, unterstützt von Jessica Jakob, übernommen.

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Um für etwas geistreichen Genuss zu sorgen, boten Bernd Liebner und Peter Gräf von der FFw leckeren Glühwein an.

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Zur musikalischen Untermalung des Ganzen hatten wir den Posaunenchor Hoheneiche engagiert.

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Dieser hatte das passende Repertoire im Gepäck, mit dem er dann auch das erste Leuchten unseres diesjährigen Weihnachtsbaumes begleitete.

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Sehr erfreut waren wir auch über den Besuch unseres neuen Bürgermeisters, Steffen Kania, der sich aber diskret im Hintergrund hielt.

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So gab sich Wickersdorf an diesem Abend noch ein gemütliches Stelldichein zu stimmungsvoller Blasmusik.

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Allen, die zum Gelingen dieser beiden Tage beitrugen, möchten wir an dieser Stelle nochmals recht herzlich danken.

Heimatverein Wickersdorf e.V.                                                              Eddy Bleyer

 

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