Keine Ahnung von ihrer Existenz

Keine Ahnung von ihrer Existenz

Vier Wochen nach unserer ersten Exkursion lud Dr. Uli Knopf wieder ein, Feld und Wald um Wickersdorf auf Schusters Rappen zu erkunden. Der 15. Juli war sein Termin. Auf dem Dreieck um 14.00 Uhr sollte es losgehen. Als ich, pünktlich wie ein Haftelmacher, den Treffpunkt erreichte, hatten sich schon einige Wanderlustige versammelt. Unter ihnen auch Familie Kahle, die uns beim letzten Mal wegen unentschuldigter Verspätung eine kurze Wartezeit eingebracht hatte.

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Es kann also an dieser Stelle vermerkt werden, die Kahles sind lernfähig und auch guten Willens, was freilich auch einmal lobend Erwähnung finden darf. Da zwischen meinem Eintreffen und 14.00 Uhr nur eine kurze Spanne lag, zählte Uli kurz durch und entschied, die Tagesdistanz umgehend in Angriff zu nehmen. Wie schon vor vier Wochen rief er uns am Parkplatz hinter den Glascontainern zusammen. Eine treffliche Stelle, wenn man Auskunft über die vielfältigen sportlichen Aktivitäten in Wido während vergangener Jahre geben will.

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Tennis und Leichtathletik spielten vor allem in der Zeit der Freien Schulgemeinde eine sehr große Rolle im Ort. Kaum hatten wir das gelernt, richteten wir unsere Schritte zum Dorfausgang. Wir waren noch keine 50 m gelaufen, da wendete sich – gut hörbar für alle – Norbert Lang an Uli: „Wir laden euch gerne zum Kaffeetrinken in die Talmühle ein.“ So oder so ähnlich waren seine Worte. Sie sollten nicht auf taube Ohren stoßen.

Verlässt man das Dorf in Richtung Grüne Wiese, kommt zwangsläufig zur Sprache, dass Wickersdorfer Schüler vor etwa 100 Jahren im Bobfahren in nationalen Vergleichen eine unübersehbare Rolle spielten. Der Weg, auf dem man da geht, diente den Aktiven damals als Trainingsstrecke.

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Nicht zu vergessen, dass auch meine Generation im jugendlichen Alter diesen Berg noch emsig als Rodelbahn benutzte. Oben angekommen, versammelte Uli die Truppe wieder und erklärte, dass auch in dieser luftigen Höhe einst Sportplätze angelegt waren. Wegen ihrer ungünstigen Erreichbarkeit war ihre Nutzung aber nur von begrenzter Dauer. In späteren Zeiten fanden sie dann in Phasen des Straßenbaus nach Wickersdorf Verwendung als Buswendeschleife.

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Vorbei am Stern wanderten wir weiter zur Grünen Wiese. Was sich heute kaum noch erahnen lässt, muss sich an dieser Stelle tatsächlich mal ein Wiesengrundstück befunden haben, von dem der Name abgeleitet sein könnte.

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Für uns hieß es von hier an, den Weg zu verlassen und uns durch den Wald weiter zu bewegen. Dadurch wollte Uli uns mit den Spuren der alten Handelsstraße, die sich in diesen Wäldern finden, bekannt machen.

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Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, dass wir bei unserem Streifzug plötzlich auf alte Grenzsteine stießen. 3 Stück, nicht weiter als 100 m voneinander entfernt. Und Uli, der alte Flur- und Grenzenforscher hatte bislang keine Ahnung von ihrer Existenz.

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Während Uli noch dabei war, unsere Funde wissenschaftlich zu dokumentieren,

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strebten Andere schon nach vorn, kamen dabei von der geplanten Route und dem vorgesehenen Weg ab und schon mussten wir uns durch unwegsames Gelände und dichtes Unterholz kämpfen. Was echten Wickersdorfer Wanderern natürlich nicht das Geringste ausmacht.

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Trotz aller Unbilden erreichten wir die Straße zum Kreuzweg, die wir in Richtung Krähental überquerten.

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Hier irgendwo, vom Weg aus nicht genau definierbar, befindet sich die Quelle der Schwarzen Sorbitz. Ihr Wasser bietet die Lebensgrundlage für einige Ortschaften, die von unserer Marschrichtung aus rechts des Krähentales liegen. In der gleichen Richtung, unmittelbar oberhalb des Tales befinden sich die Griffelbrüche, in denen noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts viele Männer der Saalfelder Höhe ihr Geld verdienten. Uli merkte an, dass er selbst noch mit den aus Griffel hergestellten Stiften auf einer Schiefertafel das Schreiben lernte. Ich kenne sie noch von zu Hause. Als ich 1961 in die Schule kam, wurden sie dort allerdings nicht mehr benutzt.

Während wir nun so dahingingen, sprach mich plötzlich Kuno Rosenbusch an: „Eddy, kannst du hier erkennen, ob die kleine Schraube noch da ist?“ In der Hand hielt er seine Brille, die am Auseinanderfallen war. Die kleine Schraube, die sie eigentlich zusammenhalten sollte – so viel konnte ich erkennen – war noch vorhanden.

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Hielt allerdings nichts mehr zusammen. Die Story, wie Kuno zu der Brille gekommen war, verdeutlichte wieder einmal sehr eindrucksvoll, welche Rolle wir sogenannten Endverbraucher in unserer ehrenwerten freien Marktwirtschaft spielen. Sie hier im Einzelnen wiederzugeben, würde allerdings ein wenig zu weit führen.

Wandert man das Krähental hinunter, nähert man sich unweigerlich, Schritt für Schritt, der Talmühle. Dort wo der Weg von Wido nach Volkmannsdorf den Krähentalsweg kreuzt, verabschiedeten sich Kuno Rosenbusch, seine Enkelin und Michael Harbich.

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Sie hatten wichtige Termine zu Hause. Alle anderen folgten der freundlichen Einladung zum Kaffeetrinken.

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Die Tafel war auf der Terrasse bereits hergerichtet. Sehr schön gedeckt mit noblem Geschirr. Kalte Getränke standen schon bereit. Kaffee und selbst gebackener Kuchen wurden umgehend serviert. Eine sehr nette Geste, für die ich mich an dieser Stelle nochmals im Namen aller Teilnehmer bedanken möchte.

Wohl genährt verabschiedeten wir uns also von unseren Gastgebern, um die letzte Etappe in Angriff zu nehmen. Die kleine Stärkung vor dem abschließenden Anstieg hatte nichts geschadet. Als wir den geschafft hatten gab es schließlich noch einen Absacker bei Elisabeth Meißner. Den nahmen allerdings nur Ingrid Müller und ich in Anspruch. Ein edler Obstler und ein kühles Bier. Vielen Dank Elisabeth.

Heimatverein Wickersdorf e.V.                                                               Eddy Bleyer

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