Mit Zug und Hänger

Mit Zug und Hänger

Ein Wetter wie im Herbst. Wolkenverhangener Himmel, die Luft nieselig feucht und kühl. Ideale Bedingungen für ein Freiluftkonzert sind das nicht gerade.

Ich selbst, durch die Schuleinführung des Enkels verhindert, war beim Aufbau der Bühne auf dem Sportplatz gar nicht dabei. Respekt also denen, die sich vom miesen Wetter nicht den Mut nehmen ließen und unser Openair am 12. August 2017 trotzdem umsichtig vorbereiteten. Tatkräftige Hilfe in puncto Technik war in Person von Alex, Marcs Kumpel eingetroffen. Als ich gegen 17.30 Uhr nach Beendigung der Feierlichkeiten in Saalfeld wieder nach Wido kam, stand der Sattelschlepper, wie jedes Jahr, bereit zum Auftritt der Alten Germanen.

Große Hoffnung, dass sich viele Gäste einfinden würden, hatte nach wie vor keiner; dennoch hatte Roni ihr Getränkemobil in Bereitschaft gebracht und die Kameraden der Feuerwehr waren gerüstet, mit ihrem Grill für nahrhafte Labung zu sorgen, falls doch jemand kommen sollte.

Kurz nach 19.00 Uhr zeichnete sich ab, dass Fans der Alten Germanen hartgesottene Leute sind, die sich nicht von Kälte und Nieselregen abschrecken lassen. Der Platz vor dem Sattelschlepper füllte sich zusehends und Roni, die sich von Jutta Munzert Unterstützung geholt hatte, und die Feuerwehr hatten derzeit ordentlich zu tun. Soweit ich das einschätzen kann, setzte sich das recht gute Geschäft dann auch noch eine ganze Weile so fort.

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Angenehm überrascht über die erfreuliche Situation begann die Band nach einem relativ kurz und unkompliziert gehaltenen Soundcheck dann auch ziemlich pünktlich mit ihrem Programm. Berührt durch die heißen Rhythmen erwärmte sich offensichtlich auch die Stimmung im Publikum. Es ist ein Mechanismus der komischerweise immer wieder funktioniert – der Klang der Musik lässt Feuchtigkeit und Kälte bis zu einem bestimmten Punkt erst einmal weit in den Hintergrund rücken. Und trotz einiger Erholungsphasen, die die Musiker sich zwischendurch gönnten, ging dieses Rezept bis zum Schluss auf.

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Eine Einlage von Michael Unglaub aus der Lebensgemeinschaft, der schließlich noch von einem Spross des Ebert-Klans (Verwandte von Jagger) am Schlagzeug und von Jagger am Bass unterstützt wurde, trug zur Begeisterung der Zuhörer einen beachtlichen Teil bei. Mit dem Titel „Knocking on heavens door“ brachte er es tatsächlich fertig, die Gunst des Publikums uneinge-schränkt für sich zu gewinnen. Das muss man ihm der Ehrlichkeit halber auf jeden Fall zuge-stehen.

Die Alten Germanen setzten schließlich mit ihrem Repertoire fort, bis irgendwann zu später Stunde die Luft ein bisschen raus war. Die Rufe nach einer Zugabe konnten die vier alten Herren nicht noch einmal auf ihre Bühne holen. Ich denke trotzdem, dass sie ihren Gästen, alten und vielleicht auch ein paar neuen Fans, einen Abend voller Stimmung und guter Laune präsentiert haben. Zumindest hörte sich das für mich am Ende der Show so an.

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Mit dem Schluss des Konzertes war das Ende des Gelages rund um Ronis Bierwagen aber längst noch nicht erreicht. So anderthalb bis zwei Stunden dürften die Letzten wohl gebraucht haben, bis sie sich endlich losreisen konnten vom Nachtrock-Feeling in Wickersdorf. Was aber weit nach Mitternacht noch keiner ahnen konnte, dass am nächsten Vormittag noch eine böse Überraschung auf Einige von ihnen warten sollte.

Die Aufräumarbeiten verliefen ganz nach Plan. Um 10.00 Uhr fanden sich die Leute zusammen, kurz vor Mittag standen auf dem Sportplatz nur noch der Getränkewagen und der LKW. Letzterer hätte nun standartmäßig das Gelände verlassen sollen Die ersten Meter sah eigentlich auch alles ganz gut aus. Bis Linzi noch einmal kurz zurücksetzte, um einen besseren Einschlagwinkel zu erhalten. Der feuchte Rasen hatte für derlei Rangiermanöver keinerlei Verständnis. Drehen die Räder erst einmal durch, ist es vorbei!!! Soviel war allen klar, die noch darum herum standen. Und die Räder drehten durch.

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Bernd Liebner mit seinem Traktor brachte große Hoffnung, aber leider keine Endlösung. Holger Möller, der über einen etwas größeren Traktor verfügt, konnte nicht erreicht werden. Den Sattel ab- und dann wieder ankoppeln, erwies sich als völlig zwecklos. Untergelegtes Holz brachte die Maschine nicht einen Millimeter vorwärts. Somit stand nach einigen fruchtlosen Versuchen, den Sattelschlepper wieder flott zu machen und nach noch mehr enttäuschenden Ideen, wie dies wohl zu bewerkstelligen sei, schließlich eins fest …!

Hier hilft nur große Bergungstechnik. Für Wido bedeutet das im Klartext, Hartmut Starke und sein LKT.

Gesagt, getan!

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Ein Versuch reichte und der LKW folgte dem Rücketraktor wie ein Hündchen seinem Herrn. Nachdem er ihn sicher auf die Straße gezogen hatte, räumte Hartmut die Stahlseilverbindung zum LKW wieder ein, verabschiedete sich freundlich und zog seiner Wege. Zurück blieben der befreite Lastzug und ein paar Männer, denen tiefste Erleichterung ins Gesicht geschrieben stand. Nicht lange allerdings!

Nur wenige Meter war Linzi vorwärts gefahren als Bernd Liebner plötzlich lauthals schrie: „Halt an, halt an!“

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Noch bevor die Anderen überhaupt wirklich mitbekamen, was los war, krachte es. Der Sattel stand, er hatte sich wieder aus seiner Verankerung gelöst, auf seinen Stützen, während Linzi dessen ungeachtet noch einige Meter weiter fuhr. Als er endlich anhielt, war es zu spät. Er war weit genug gefahren, um doch einige kleinere Schäden an Kabeln und Druckleitungen zwischen Zugmaschine und Sattel zu verursachen.

Marc Munzert hatte es gesehen, dass der Sattel auf dem Sportplatz nicht korrekt eingerastet war. Doch man hatte seine Warnung in den Wind geschlagen. Nun hieß es kurbeln mit aller Kraft. Bernd half mit seiner Staplergabel nach, so gut er konnte. Besonders gut war das allerdings nicht. Schließlich reichte es, den Sattel auf ausreichende Höhe zu bringen, um ihn nun beim zweiten Mal wirklich richtig anzukuppeln.

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Wenn man nachher darüber nachdenkt, möchte man sagen, die Aktion war reif fürs Fernsehen.

Als Linzi nach ihrem Ende schließlich mit Zug und Hänger die Dorfstraße hinauffuhr, dachten die Beteiligten wahrscheinlich nur – es ist Zeit, dass endlich Feierabend wird.

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Heimatverein Wickersdorf e.V.                                                                                  Eddy Bleyer

August 2019