Unsere erste Wanderung in diesem Jahr hatte Uli Knopf ja prophylaktisch wegen unsicherer Wetterlage abgesagt. Obwohl das Wetter dann eigentlich gar nicht so schlecht ausfiel, wie in den Prognosen angekündigt, trafen wir uns stattdessen in der Gaststätte Hessel in Lositz, ohne dass die meisten von uns vorher auch nur einen Meter gewandert wären. Zu bereuen, sage ich mal, brauchten wir diese Entscheidung am Ende nicht.
Aber noch bevor wir das Gasthaus wieder verließen, wurde festgelegt, dass wir bereits in zwei Wochen die somit ausgefallene Wanderung nachholen wollten. So wurde also der 05. Mai als Termin für unsere zweite Wanderung des Jahres 2024 beschlossen.
Clever, wie Uli nun einmal ist, nutzte er für seine Streckenplanung den gleichen Startpunkt. Hielt dann mit seiner Streckenführung allerdings nicht auf Lositz zu, sondern daran einfach vorbei, nach Eyba.
Als ich am 05. Mai vormittags aus meinem Büro heraus das Wetter beobachtete, wollte mir doch beinahe die Wanderlust vergehen. Der Himmel sah aus, als ob er einstürzen wollte. Dass dabei auch der eine oder andere kurze Schauer zur Erde niederging, war absolut nicht verwunderlich. So konnte ich es mir etwa zur Mittagsstunde nicht mehr verkneifen, bei Uli anzurufen und ihn zu fragen, was er davon halte. Ulis Stimme im Hörer blieb ganz gelassen: „Bis dahin hat sich das verzogen“.
Tatsächlich, als wir gegen 14.30 Uhr auf dem Dreieck eintrafen, hatte sich die Atmosphäre sichtlich beruhigt. Einige der Wolken über uns wirkten schon noch recht dunkel und bedrohlich, aber zwischen ihnen lugte an mancher Stelle ein freundlicher, blauer Himmel hindurch.
Trotzdem hatte sich kurzfristig noch eine Planänderung ergeben. Vorgesehen war, wie das für unsere Wanderungen ja schon nahezu Standard ist, eine Kaffeepause am ersten Rastplatz. Heute hatte man sich entschlossen, die Kaffeepause vorzuverlegen und gleich hier im Vereinshaus zu machen. Die entsprechende Zeit würden wir dann natürlich an diesem ersten Rastplatz, dem Drachenfelsen, wieder einsparen. Ohnehin, die Tafel im Vereinszimmer war bereits gedeckt, also gab es an dieser Stelle kein Zurück mehr. So begann also unsere erste tatsächliche Wanderung in diesem Jahr mit einer Kaffeepause, was wir am Ende freilich auch nicht bereuten.
Doch endlich wurde es ernst. Die Anfahrt mit Pkws sollte eigentlich bis zur Hühnerschenke gehen.
Ortskundige wussten aber von einem kleinen Parkplatz, einen knappen Kilometer vorher, gleich nach dem Abzweig an der Straße nach Lositz. Diesen beschlossen wir zu nutzen.
Mir persönlich wurde das Vergnügen und die Ehre zuteil, in dem hochmodernen Benz der Familie Herthel chauffiert zu werden. Dies sicherte mir eine Anfahrt voller Luxus und Komfort. Vom Parkplatz aus war das Fortkommen für uns alle, wie das bei Wanderungen üblich ist, nur noch auf Schusters Rappen möglich.
Die erste kurze Etappe, nur einige hundert Meter, brachte uns zum Drachenfelsen. Tatsächlich ein richtig schönes Fleckchen. Hier hätte man freilich auch gut Kaffeepause machen können. Stattdessen erfüllte Uli seine Pflicht als Leiter der Wandergruppe und gab ausführliche Erläuterungen zu Entwicklung und Bedeutung unseres momentanen Standortes.
Bevor wir weiterzogen, bekam ich noch den Auftrag, eine kurze Botschaft ins Gästebuch der herrlichen Wanderhütte zu schreiben. Nachdem alle diese unterschrieben hatten, setzten wir unseren Weg fort. Reichlich Gras und ein erhebliches Aufkommen an Laubholz rahmte diesen in sattes Grün. Ganz zu übersehen war der Einfluss des Waldsterbens auch in diesem Teil unserer schönen Heimat leider nicht.
Plötzlich forderte jemand – wer genau es war, weiß ich leider nicht mehr – uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Er hatte einen alten Grenzstein entdeckt. Uli begann natürlich sofort mit der Untersuchung. Er kennt sich schließlich mit so etwas aus. Das Ergebnis der Untersuchung fiel recht schlicht aus. Es waren zwei Grenzsteine, die offenbar einmal einer Bank als Fundament gedient hatten.
Nur kurze Zeit nach diesem Ereignis stellte ich fest, dass der Akku meiner Kamera leer war. Diese Erkenntnis, gepaart mit dem Wissen, dass der Ersatzakku etwa anderthalb km entfernt in einem Auto liegt, brachte mich zu dem Schluss, mein logisches Denkvermögen muss in den letzten Jahren tatsächlich ziemlich gelitten haben. All diese Überlegungen änderten indes nichts an den real existierenden Fakten.
Überquert man vom Drachenfels kommend die Straße nach Lositz in Richtung Mühlberg, sieht man auf deren Anhöhe die Hallelujahütte stehen. Ein sehr großes Weinfass mit einem Dach drüber. Auch dort führte uns unser Weg vorbei. Einige kamen schon wieder auf die Idee, dass ich auch hier etwas ins Gästebuch schreiben müsste, als Uli zum Aufbruch drängte. Er befürchtete, wir könnten zu spät im Gasthaus „Zum Egon“ in Eyba ankommen. So blieb der Eintrag an dieser Stelle aus und wir schritten weiter wacker unseres Weges.
Zwischenzeitlich musste ich allerdings verschiedentlich feststellen, das Uli, als Leiter unserer Wanderung, gewisse Unsicherheiten in der Feststellung der Streckenführung zeigte. Doch zum Glück führten wir in unseren Reihen einen Mann von großer Weisheit mit. Den Guru der Wanderzunft schlechthin. Kein Geringerer als Mayk Herthel ist es, den ich meine. Seine immensen Kenntnisse bezieht er allerdings ganz schlicht aus einer App auf seinem Handy. Sie führten uns immer wieder auf den rechten Weg. Währenddessen ließ es sich mit Mayk auch wunderbar philosophieren – über die betörende Schönheit der Welt – in der Heimat, wie auch in der Fremde. Die Faszination der Heimat erlebten wir ja gerade in echt. Was auch unseren Mayk zum Schwärmen brachte.
Dank Ulis Mahnung erreichten wir das Gasthaus „Zum Egon“ wie geplant. Unsere Plätze an einer langen Tafel waren natürlich schon reserviert. Dieser guten alten Dorfkneipe eilt ein Ruf voraus, der sich hören lassen kann. Er ist in aller Munde und vollkommen berechtigt. Wie nicht anders erwartet, ließen Speis und Trank keinerlei Wünsche offen. Sogar ein doppelter Boonekamp nach dem Essen war ohne Weiteres zu haben. So etwas gibt es nicht überall.
Nachdem wir uns also alle von den Strapazen der Wanderung erholt und uns zünftig gestärkt hatten, traten wir die Heimreise wieder in Pkws an. Dafür stieg ich von Herthels Nobelkarosse um in den etwas dezenteren VW der Familie Müller-Otto aus Wickersdorf. Aber so sehr viel steht der dem edlen Mercedes eigentlich gar nicht nach. Man kommt auch damit ganz ordentlich voran.
So nahm also unsere erste richtige Wanderung ebenfalls ein würdiges Ende. Ich nehme an, es wird sicher noch nicht die Letzte gewesen sein.
Heimatverein Wickersdorf e. V. Eddy Bleyer
Mai 2024 Fotos: Ingrid Müller, Eddy Bleyer
Das war freilich nur Spaß!!!
Gut vom Drachenfelsen aus zu sehen – Kleingeschwenda und Hoheneiche
und die Dächer der Hühnerschenke
Welcher Weg ist der Richtige? Mayk kennt die Antwort.
Und dann war der Saft alle!