Kombinierte Führungstätigkeit

Im März 2020 war es, als wir Wickersdorfer erstmalig die Auswirkungen der Corona – Pandemie wirklich am eigenen Leibe zu spüren bekamen. Die Durchführung unseres Vortrages über den Weinanbau an der Mosel wurde vom Gesundheitsamt untersagt und in der Folge blieb unser Vereinshaus für weitere Veranstaltungen geschlossen. Die Meinungen über den Sinn und den Nutzen der verhängten Einschränkungen gingen in der Bevölkerung ziemlich weit auseinander, Kultur und gesellschaftliche Aktivitäten kamen derweil völlig zum Erliegen. Nicht nur in Wickersdorf.

Unerwartet schnell – schon nach einem reichlichen halben Jahr – zeichnete sich ein Silberstreif am Horizont ab. Die Medien auf der ganzen Welt vermeldeten, dass es bald Impfstoffe gegen die Krankheit geben würde. Auch diese Nachricht spaltete die Menschheit wieder in mehrere verschiedene Lager, deren Meinungen von überschwänglicher Euphorie bis hin zu völliger Ablehnung gingen.

Ungeachtet dessen bekam die 90 – jährige Margaret Keenan in Großbritannien am 08. Dezember 2020 die allererste Anticoronaspritze der Welt. Wenige Tage später zog auch Deutschland nach. „Zuerst die Alten, weil die am meisten gefährdet sind“, lautete der Beschluss der Bundesregierung. Und so oder zumindest so ähnlich wurde schließlich auch vorgegangen. Doch wie es im öffentlichen Leben nun mal üblich ist, gab es bei weitem nicht nur einvernehmliche Zustimmung, sondern es hagelte aus ganz verschiedenen Ecken auch reichlich Kritik.

Dass schon bald medizinische und Pflegeeinrichtungen mit auf die Prioritätenliste gesetzt wurden, verschaffte Wickersdorf die Vergünstigung, bereits am 20. Januar 2021 ein Impfteam vor Ort zu bekommen. Angefordert durch die Geschäftsführung der Lebensgemeinschaft galt das Angebot vordringlich für Mitarbeiter und Bewohner derselben, verschaffte allerdings auch einigen Angehörigen den Vorzug, gleich mit an die Reihe zu kommen. So kam es, dass in unserem kleinen Örtchen, fernab von den Schaltzentralen der großen, weiten Welt, bereits am 10. Februar 2020 etwa 120 Leute ihre zweite Coronaschutzimpfung bekamen. Womöglich hätten es damals sicher auch noch einige Geimpfte mehr sein können, aber wie gesagt, zu dieser Zeit war die Impfbereitschaft unter den Menschen noch nicht sehr groß.

Auch wenn es heute noch strikte Impfgegner gibt, auch gegen die Coronaschutzimpfung, würde ich einschätzen, dass diesbezüglich die Zustimmung in den letzten Monaten doch etwas zugenommen hat. Als hinderlich macht sich allerdings immer wieder bemerkbar, dass es sich für den größten Teil der Bevölkerung als eine wahre Odyssee herausstellt, überhaupt einen Impftermin zu bekommen und dieser dann oft auch noch kilometerweit vom Wohnort entfernt liegt. Unter solchen Umständen wäre ich zum Beispiel niemals zu einer Impfung gegangen.

Aber es kam anders.

Nach einer Knieoperation befand ich mich Mitte April 2021 gerade zu einer dreiwöchigen Kur, als meine Frau mich anrief. Ob Sylvia Harbich, Chefsekretärin in der Lebensgemeinschaft und Vorstandsmitglied des Wickersdorfer Heimatvereins, mir einen Impftermin reservieren solle, fragte sie. Da ich selbst derzeit nicht wirklich versessen auf die Impfung war, konnte ich mich erst nach einigem Hin- und Herüberlegen letztendlich dafür entscheiden. Und die Gründe dafür waren eigentlich sehr einleuchtend.

Erstens musste ich mich weder telefonisch noch auf irgendeinem anderen Wege umständlich um diesen Termin bemühen, sondern der war einfach da und ich musste ihn nur nutzen.

Und zweitens stand der Termin in keinerlei Zusammenhang mit notwendigem Fahrt- und sonstigem zusätzlichen Geld- oder Zeitaufwand. Denn er erfolgte quasi vor meiner Haustür, im Vereinshaus in Wickersdorf. Noch bequemer konnte ich also tatsächlich nicht mehr dazu kommen. Und da man mittlerweile weiß, dass sich vollständig Geimpfte in absehbarer Zeit wahrscheinlich wesentlich unbürokratischer wieder am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben beteiligen können als Ungeimpfte, liegt für mich zumindest dieser eine unbestrittene Vorteil klar auf der Hand. Wie auch für die 65 weiteren Personen, die mit mir am 01. Juli 2021 ihre zweite Spritze bekommen werden.

Dass nach so kurzer Zeit bereits ein zweites Impfteam unser unscheinbares, kleines und verträumtes Bergdörfchen beehrte, ist Haiko Jakob, dem Vorstandsvorsitzenden der Helga Jakobeit Stiftung und gleichzeitig Vorstandsvorsitzender des Heimatvereins Wickersdorf zu verdanken. Seine Initiative schaffte die Voraussetzung dafür, dass am 03. Juni 2021 diese zweite Impfaktion in Wickersdorf gestartet werden konnte. Wobei vorrangig weitere Mitarbeiter der Lebensgemeinschaft und deren Angehörige zum Zuge kamen. Darunter selbstredend natürlich auch diverse Mitglieder unseres Heimatvereins.

Hier zeigt sich wieder mal auf anschauliche Weise, wie die Verknüpfungen zwischen Lebensgemeinschaft und Heimatverein durchaus immer wieder recht brauchbare Früchte tragen. Wahrscheinlich spielt da die kombinierte Führungstätigkeit von Haiko Jakob in beiden Vereinen sicher eine ganz wesentliche Rolle. Sein engagiertes Vorgehen bringt schon seit Jahren immer wieder sehr vorteilhafte und nützliche Resultate für die Gemeinde wie auch die Lebensgemeinschaft mit sich. Ich sehe das als keinen schlechten Grund, sich bei Haiko einmal wirklich herzlich zu bedanken.

Heimatverein Wickersdorf                                                               Eddy Bleyer

Juni 2021