Etwas richtig Großes

Etwas richtig Großes

Es sollte ein Sommerfest werden, wie es vordem in Wickersdorf noch keines gegeben hatte.

Schon im Frühjahr 2017 erreichten den Heimatverein Signale aus der Lebensgemeinschaft, die darauf hinzielten, im Juni 2018 ein gemeinsames Sommerfest auf die Beine zu stellen. Etwas richtig Großes, was in dieser Form noch nie dagewesen war.

Da uns schon seit Jahren eine solche Zusammenarbeit sehr am Herzen lag, die Erfolge aber bisher auf sich warten ließen, stimmten wir natürlich zu. Dass in den verbleibenden Monaten eine ganze Menge Fragen zu klären sein würden, war allen Beteiligten klar.

Dem kühlen Rechner eröffnet es sich ohne weiteres – über ein reichliches Jahr zogen sich anschließend die Verhandlungen und Beratungen hin. Und auf alle offenen Fragen wurde eine Antwort gefunden.

Die letzte gemeinsame Sitzung fand am 18. Juni 2018 statt, dann wurde es ernst. Mit dem Bau einer massiven Bühne war sogar schon Anfang Juni begonnen worden. Am 23. sollte diese immerhin einsatzbereit sein. 4 Tage vorher kam schließlich noch ein Festzelt dazu.

Die Arbeiten gingen Hand in Hand. Zeltaufbau durch Leute vom Dorf und der Lebensgemeinschaft. Währenddessen installierte unser allzeit bereiter Dorfelektriker Reiner Rosenbusch Licht und Stromversorgung auf der Bühne. Die Kabel hierfür waren schon im April unter der Straße bis zum Standpunkt der Bühne durchgezogen worden.

So konnte Marc Munzert am 22. Juni beginnen, die Lichttechnik für die Auftritte am nächsten Tag vorzubereiten. Mit Zerrwanst & co und den Alten Germanen hatte die neue Bühne schon ihr erstes, einen ganzen Nachmittag füllendes, Programm vor sich. Der Aufbau der dazu gehörigen Technik erforderte schon immer einen ganz immensen Aufwand. Wobei ein nicht unwesentlicher Teil davon auf die Beleuchtung entfällt. Da ein großer Teil der installierten Lampen Leihgaben von Marcs Kumpel Alex waren, hatte Marc vorsorglich schon sein Zelt mitgebracht, um nach getaner Arbeit gleich auf der Bühne zu übernachten. Damit niemand Unbefugtes sich an den geliehenen Leuchtmitteln zu schaffen machen würde. Das nenne ich Verantwortungsbewusstsein!!!

Parallel dazu regten sich an diesem Nachmittag auch im Backhaus erste Aktivitäten. Der Ofen musste vorgeheizt werden, um am nächsten Tag 60 Brote darin zu backen.

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Haiko Jakob und ich hatten, wie schon in den letzten 40 Jahren, diese Aufgabe übernommen. Und wie die Nacht verstrich, zog der Morgen unseres großen Sommerfestes herauf. Nach vier oder sechs Wochen ununterbrochener Hitzewelle ein Morgen von einer schier unaussprechlichen Ungemütlichkeit. Temperaturen nahe dem einstelligen Bereich und immer wieder schauerartige Niederschläge.

Dennoch fingen früh beizeiten zahlreiche Helfer damit an, die letzten Vorbereitungen für das große Fest zu treffen. Überall im Ort und in der Lebensgemeinschaft nahm man sich der Aufgaben an, die da noch zu lösen waren. All diese Aktivitäten liefen außerhalb meiner Wahrnehmung ab, da ich ja mit dem Backen unseres Brotes selbst genug zu tun hatte. So konnte ich lediglich immer mal einen Blick auf den Fortgang werfen, wenn ich die Backstube hin und wieder für ein paar Minuten verließ, um irgendwelchen Randbeschäftigungen nachzukommen. Unser Brot, soviel darf ich hier anmerken, gelang ganz ausgezeichnet und als wir die letzten Laibe aus dem Ofen holten, waren wohl auch alle anderen relevanten Positionen mit dem dafür zuständigen Personal besetzt.

Der Shuttledienst, der die Aufgabe hatte, die außerhalb der Ortslage parkenden Gäste zum Zentrum des Geschehens zu befördern, war inzwischen aktiv. Damit füllte sich das Gelände rund um die Festwiese zusehends. Haiko, der ja mit mir zusammen gebacken hatte und der um 14.00 Uhr von der Bühne aus an der Eröffnung der Feierlichkeiten teilnehmen sollte, stand um 13.15 Uhr noch in Bäckerkluft vor dem Backhaus. Einige Frauen des Vereins hatten derweil schon begonnen, die ersten Brote aufzuschneiden und mit Belag zu versehen. Der Grill der Fleischerei Lindig brannte und Roni in ihrem Getränkewagen hatte auch bereits ihre erste Kundschaft bedient, während sich auch um den Verkaufsstand der Lebensgemeinschaft schon eine ganze Menge Leute tummelte. Was sich zu dieser Zeit auf dem Gelände der LG abspielte, entzieht sich leider völlig meiner Kenntnis.

Was ich aber sehr gut mitbekam, war das Wetter. So erbärmlich, wie es sich schon früh morgens gezeigt hatte, hatte es sich auch weiter entwickelt. Von Sonne keine Spur, dafür Regen und Kälte im Überfluss. Auf unserer Bühne machte sich die Band „Zerrwanst & co“ für ihren Auftritt bereit. Unterstützt wurden sie dabei  von Marc Munzert, der in diesem Zuge versuchte, unsere Audio – Anlage auf optimale Klangwiedergabe einzustellen.

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Am Rande hatten sich die Mitglieder des Instrumentalkreises der Lebensgemeinschaft postiert, um mit ihrem Programm das Fest einzuläuten. Das taten sie schließlich auch, obwohl sich der Zeitplan inzwischen ein wenig nach hinten verschoben hatte. Unter Leitung von Florian Naumann vollbrachten die Betreuten eine ganz erstaunliche musikalische Leistung, wofür ihnen am Ende auch ein gebührender Applaus gespendet wurde.

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Schließlich, mit einiger Verspätung, betraten vier achtbare Männer die Bühne. Allen voran Max Munzert, der als Moderator durch das Programm der gesamtem Feierlichkeiten führen sollte und an dieser Stelle seine drei ersten Gäste vorstellte. Jürgen Breuer ist Bewohner der LG und ihm wurde bei seinem ersten Besuch in Wickersdorf von Haiko Jakob ehrenhalber und auch nicht mit so ganz vollem Ernst das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters verliehen. Wer Jürgen während dieser ganzen darauf folgenden Jahre nun besser kenne lernte, möchte meinen, dass er dieses Amt tatsächlich gar nicht so schlecht vertrat. Wenn auch seine Amtsgeschäfte in der Regel wohl etwas anders verliefen, als man sich das gemeinhin vorstellen würde.

Desgleichen stand nun auch der Geschäftsführer der LG, Udo Wolf, mit auf der Bühne. Er bekleidet diesen Posten seit Mai 2017 und hat, wie es scheint, damit keine ganz leichte Aufgabe übernommen.

Der Dritte im Bunde war der Vorsitzende des Heimatvereins und gerade noch amtierender Ortsbürgermeister von Wickersdorf, Haiko Jakob. Mit der Übergabe sämtlicher Verwaltungsaufgaben der Gemeinde Saalfelder Höhe an die Stadt Saalfeld am 01. Juli diesen Jahres wird er kein Ortsbürgermeister mehr sein. Die Bühne, auf der die vier ehrenwerten Männer da nun gerade standen, bezeichnete er deshalb als sein Abschiedsgeschenk an Wickersdorf.

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Nach der Begrüßung durch die 3 Offiziellen wurde schließlich noch Landrat Marko Wolfram auf die Bühne gebeten, der ebenfalls noch ein paar Grußworte an die versammelten Gäste richtete. Wonach schließlich die Feierlichkeiten durch Max Munzert endlich für eröffnet erklärt wurden.

Für die Band Zerrwanst & co war das schließlich der Startschuss, mit ihrer Aufführung zu beginnen. Viele der Gäste sahen darin allerdings endlich eine Möglichkeit, sich wärmeren und trockenen Örtlichkeiten, soweit vorhanden, zuzuwenden. Wodurch natürlich der Band, die übrigens einen wunderbaren Folksound präsentierte, eine ganze Menge an Publikum verloren ging. Mit ihrem mitgebrachten Tanzanimateur hatten sie aber trotzdem einen unschätzbaren Trumpf im Ärmel. Dieser rief sich nämlich ein heiteres Trüppchen zusammen, mit dem er gut zur Musik passende Gruppentänze zelebrierte.

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Man könnte sich vorstellen dass dabei nicht nur den Tanzenden bei deren Anblick ein wenig wärmer ums Herz wurde. Bei den herrschenden Außentemperaturen ein durchaus wünschenswerter Effekt.

Ein nicht unwesentlicher Teil unserer Besucher wird sich während dieser Zeit aber doch auf dem Gelände der LG aufgehalten haben, weil dort die Auswahl an trockenen und warmen Plätzen wohl am größten war. In der Cafeteria wurden zudem auch noch wärmende Getränke ausgeschenkt.

Derartigen Luxus hatte Roni an ihrem Getränkemobil leider nicht zu bieten. Die Temperaturen ihrer Getränke konnten maximal das Niveau der uns umgebenden Atmosphäre erreichen. Und das war, wie bereits erwähnt, nicht gerade besonders hoch. Dennoch, ich will nicht lügen, hatte ich den Eindruck, dass auch an dieser Stelle das eine oder andere Geschäft über die Theke abgeschlossen wurde.

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Auch der Rost der Fleischerei Lindig wurde, soweit ich das einsehen konnte, recht emsig frequentiert.

Nicht allzu groß war, wie mir später gesagt wurde, der Andrang bei den Frauen, die unser selbst gebackenes Brot feilhielten. Was ich ehrlich gesagt, gar nicht so recht verstehe, denn dieses war von ganz ausgezeichneter Qualität gewesen. Und am Belag gab es ganz sicherlich auch nichts auszusetzen.

Doch wie dem auch sei, zu später Stunde hatten unsere Brote schließlich alle ihre Abnehmer gefunden, so dass auch dieser Teil der Aktion als erfolgreich abgeschlossen bezeichnet werden konnte.

Auf Grund des doch ziemlich großen Aktionsradiuses der Feierlichkeiten spielten sich im weiten Rund mit Sicherheit Dinge ab, die ich zwangsläufig nicht mitbekam. Man kann schließlich nicht überall gleichzeitig sein. Selbstredend fehlen diese Ereignisse also hier in meiner Schilderung. Man kann aber wahrscheinlich davon ausgehen, dass alles halbwegs im geplanten Rahmen verlief. Von grundsätzlich negativen Abläufen ist mir zumindest, auch im Nachhinein, nichts bekannt geworden.

Im Gegensatz zu Haiko, der sich vor der Eröffnungsveranstaltung wenigstens schon mal umgezogen hatte, war ich um diese Zeit immer noch in meinen, nach Backstube riechenden, Bäckerklamotten unterwegs. Die Backstube in unserem neuen Backhaus riecht aufgrund von kleinen technischen Unzulänglichkeiten vor allem penetrant nach Qualm. So schnüffeln dann natürlich auch die Sachen, die man während des Backens anhat. Diesen Duft wollte ich dann aber irgendwann für den Fortgang der Feierlichkeiten loswerden. Das bedeutete, dass ich das Festgelände schließlich verlassen musste, um mich zu Hause in einen halbwegs gesellschaftsfähigen Zustand zu versetzen. Für den Zeitraum dieser etwa einen Stunde brachen meine Kontakte und Beobachtungen rund um die Festwiese völlig ab.

Als ich dort wieder eintraf, waren Zerrwanst & co gerade dabei, ihre Instrumente wieder einzupacken. Eine Vorführung der Jugendfeuerwehr Kleingeschwenda sollte die Zeit bis zum nächsten Programmpunkt ein wenig überbrücken. Wobei man diese Vorführung aber unter Umständen auch als eigenständigen Programmpunkt werten könnte. Dieser bestand darin, ein auf dem Lagerfeuerplatz entzündetes Holzhäuschen zu löschen.

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Die kleinen Kerle, Mädchen waren wohl auch einige dabei, stellten sich dabei unter Führung von Holger Marr als Einsatzleiter gar nicht so ungeschickt an. Da wächst eine Riege heran, auf die man sich später im Brandfall sicherlich mal verlassen kann. Was allerdings hoffentlich nie nötig sein wird.

Die Bühne auf dem Sportplatz wurde währenddessen von neuem Leben beseelt. Die Alten Germanen rückten sich ihre Instrumente für den gegen 18.30 Uhr geplanten Auftritt zurecht.

Im Festzelt wurde unterdessen die Fernsehanlage zur Übertragung des Fußball-Weltmeisterschaftsspiels Deutschland gegen Frankreich eingerichtet. Eine Maßnahme, die im Vorfeld nur geteilte Zustimmung genoss, sich aber im Nachhinein zumindest als nur mäßig störend herausstellte.

Die Einstellung der Musikanlage der Alten Germanen, die in wesentlichen Teilen aus neu erworbenen und noch nicht fundiert erprobten Elementen besteht, machte Marc wohl zeitweise doch einiges Kopfzerbrechen. Trotzdem gelang es tatsächlich in relativ kurzer Zeit, den Boxen einen ganz brauchbaren Sound zu entlocken.

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Was uns schließlich ermunterte, ohne großartigen Soundcheck in unser Programm einzusteigen. Sämtliche Faktoren des bestehenden Zeitplanes neu bewertend, entschlossen wir uns, unseren Auftritt nahtlos mit 10 Titeln zu eröffnen, um anschließend mit einer größeren Pause erstmal den Fußballfans freien Lauf für ihr Spiel zu lassen.

Das Konzept ging ganz gut auf. Während unserer Unterbrechung saß tatsächlich ein großer Teil des Publikums im Zelt, um das Gemetzel um den Weltmeistertitel 2018 im Fußball zu verfolgen. Von außerhalb des Zeltes die Reaktionen der Zuschauer rein akustisch zu verfolgen, war recht interessant. Offensichtlich hatte keine der beiden Mannschaften den Arsch in der Hose, ihre Gegner auch nur halbwegs in den Griff zu bekommen. Was mich persönlich dann aber doch noch ein bisschen ärgerte, war, dass die Schwachmaten der berüchtigten Deutschen Nationalelf tatsächlich noch so viel Dusel hatten, nur wenige Sekunden vor dem Schlusspfiff den Siegtreffer zu erlangen.

Nach dem Ende des Spiels nahmen schließlich die Alten Germanen wieder ihre Instrumente zur Hand und setzten damit die Unterhaltung der Massen fort. Trotz eines nach wie vor erbärmlichen Mistwetters verließen diese ihren Posten vor der Bühne nicht. Was natürlich auch die Band ermutigte, ihren gleichfalls nicht sonderlich gemütlichen Platz auf der Bühne noch für einige Runden zu halten. Wie sich am Ende herausstellte, nicht lange genug.

Doch so gerne das Publikum den vier alten Herren auch noch gelauscht hätte, die äußeren Umstände hatten ihren Tribut gefordert. Und mit dem Schlussakkord der Alten Germanen endete an diesem Abend auch das Wickersdorfer Sommerfest 2018. Der Betrieb rund um Bühne und vor allem vor Ronis Getränkemobil blieb noch für geraume Zeit erhalten. Als ich fröstelnd den Platz verließ, schienen einige ganz Harte noch ziemlichen Durst zu haben. Ich sah keinen Grund, es ihnen nicht zu gönnen. Wie lange die Letzten noch aushielten, ist mir nicht bekannt.

Fest steht, dass an diesem 23. Juni so viele Besucher in Wickersdorf waren, wie schon lange nicht mehr. Wie gut oder schlecht jeder Einzelne seinen Besuch empfand, kann ich natürlich nicht wissen. Als wie profitabel sich die Geschäfte der Veranstalter herausstellten, ist mir ebenfalls nicht bekannt. Trotzdem würde ich meinen, insgesamt gesehen,

war dieses Sommerfest tatsächlich etwas ganz Großes.

 

Heimatverein Wickersdorf e.V.                                                       Eddy Bleyer

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